Das Ministrantenamt
Die Wörter "Ministrant" wie auch "Minister" leiten sich ab vom lateinischen Verb "ministrare", es steht in der Bedeutung von dienen, bedienen, aufwarten.
Wenn man durch Kirchen früherer Zeitepochen geht, fallen die vielen Seitenaltäre auf. Die Vielzahl der Priester z. B. im Mittelalter sollte bzw. wollte täglich eine heilige Messe feiern, aber die Priester durften nicht allein die Eucharistiefeier zelebrieren. Es musste stellvertretend für das Volk mindestens eine Person anwesend sein. Dazu bediente sich der Priester eines Jungen aus der nahen Domschule oder Klosterschule, der auch für die entsprechenden Antworten in der Liturgie das Latein kannte und beherrschte. Zumeist waren die Jungen dieser Schulen angehende Priester. Mädchen und Frauen war dieses Amt versagt. So blieb es Jahrhunderte.
Nach dem zweiten vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) lockerte sich die Situation. So manche Diözese zumindest in Deutschland ließ das Ministrantenamt stillschweigend für Mädchen zu. Erst 1992 hat ein Dekret von Johannes Paul II auch amtlich Mädchen diesen Dienst ermöglicht.
Wie sah dieses „Amt" in den 50er Jahren in Hambühren aus? Die Schar der Ministranten war groß, viele Jungen wollten dazugehören und begannen -meist nach der Erstkommunion - im sogenannten „Tarzisiuskleid", ein einfaches, weißes, langes Gewand (Tarzisius ist der Patron der Ministranten, als Junge starb er im dritten Jahrhundert den Märtyrertod, als er die Eucharistie zu gefangenen Christen während der Christenverfolgungszeit bringen wollte). Mit dieser Kleidung wurden meist Leuchter bzw. Kerzen getragen. Den Dienst am Altar direkt übernahmen die Jungen, wenn sie das Stufengebet - es wurde knieend vor den Stufen des Altares in Latein gebetet - beherrschten (genannt Ministratur). Da war so mancher Zungenbrecher enthalten.
Wer das „Suscipiat Dominus sacrificium ..." nach der Opferung (Der Herr nehme das Opfer an ....) fehlerlos beherrschte, hatte sich den „Innendienst" wirklich erarbeitet. Das Weihrauchfass zu schwenken, war höchste Ehre.
Recht oft war an einem Nachmittag Ministrantenstunde entweder zum Üben der liturgischen Haltungen (einfache Kniebeuge mit rechtem Knie vor dem Altar, mit doppelter Kniebeuge und Verneigung vor ausgesetztem Allerheiligsten), zum Üben der liturgischen Texte und der bevorstehenden Liturgiefeiern, der Einteilung des Amtes (je zwei jeden Tag um 7.00 Uhr, vier am Sonntag zur Frühmesse um 6.30 Uhr und mindestens vier am Sonntag zum Hochamt um 10.00 Uhr) oder auch der Geselligkeit.
Zu Haussegnungen als Vorläufer der Sternsinger zogen die Ministranten in liturgischer Kleidung mit Pfarrer Hoenke von Haus zu Haus. Von den Spenden, die Pfarrer Hoenke für die Ministranten einnahm (nach jedem Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen standen zwei Ministranten am Kirchausgang mit einer „Sparbüchse"), schenkte er im Jahr 1951 oder 1952 allen Ministranten einen kleinen Schott, das ist vergleichsweise ein kleines Messbuch in deutscher Sprache, das aber wesentliche liturgische Texte der Messfeier in Latein enthielt. Das half, viele Texte immer wieder zu wiederholen oder neu zu lernen und auch die Bedeutung z. B. „Oremus" „lasset uns beten!" kennen zu lernen. Die Ministrantenzeitschrift „Leuchtfeuer" war Lektüre.
Im Januar 1952 trafen sich die Priester des Dekanates Celle zum Konvent in Hambühren. Wie sollten sie im verschneiten Winter zum Pfarrhaus in der Eichendorffstraße in der damaligen Situation finden? Nichts einfacher als das: Pfarrer Hoenke beorderte 2 Ministranten in voller Ministrantenmontur an die Bundesstraße 214/Ecke Ostlandstr. Die anreisenden Priester erkannten die Minis, die ihnen den weiteren Weg zur Ecke Ostlandstraße /-Eichendorffstraße zu den nächsten zwei Minis wiesen. Das klappte!
Zu Trauungen und Beerdigungen entschuldigte Pfarrer Hoenke mehrere Ministranten in der Schule mit Einverständnis der Eltern. Bei den Beerdigungen war der Fußweg von der Kirche zum Friedhof in Hambühren I damals als Prozession durch den Wald nicht nur weit, sondern auch lang in der Zeit. Ein Rosenkranz wurde unterwegs mindestens gebetet.
Wegen des Glockenläutens war es Pflicht für den Ministranten, mindestens 15 Minuten vor Gottesdienstbeginn anwesend zu sein, er hatte die Glocke am Seil zu betätigen. Im Winter mit Handschuhen zu ministrieren, war in der ungeheizten Kirche keine Seltenheit.
Nach dem zweiten vatikanischen Konzil 1965 war die Muttersprache in der Liturgie maßgebend, das Latein verblieb zwar als Amtssprache der Kirche, aber in der Messfeier wurde es nicht mehr verwandt. Also brauchte niemand mehr Latein zu lernen.